Alexander Crichlow Barker jr.
Besondere Momente der Filmgeschichte bleiben unvergesslich. Das Wirken von Alexander Crichlow Barker, so der bürgerliche Namen von Lex Barker, ist heute, mehr als 30 Jahre nach seinem Tod, im Gedächtnis geblieben. Seine bekanntesten Rollen, die des Dschungelmannes Tarzan und des Westmannes Old Shatterhand, genauso wie seine Auftritte in Fellinis Das süße Leben oder als Lederstrumpf.
Die Fußstapfen, in die er treten musste, waren groß, aber
er meisterte diese Aufgabe dennoch mit Bravour. Als kein Geringerer als
Johnny Weissmuller seinen Abschied aus der Tarzan-Reihe gibt, stehen die
Verantwortlichen der RKO vor der scheinbar unlösbaren Aufgabe,
einen passenden, vom Publikum akzeptierten Nachfolger zu finden. Bis Lex
Barker entdeckt wird.
Frühes Studioportrait
Dieser hat bis dato nur einige kleine Parts innegehabt, wenn auch
stellenweise in Filmen von herausragender Qualität, man denke nur
zurück an Die Farmerstochter (The Farmer's
Daughter) oder an Edward Dmytryks Im Kreuzfeuer (Crossfire),
einen Meilenstein des Film Noir (beide 1947). Und doch bedarf es jener
Art von Zufall, ohne den es manche Hollywood-Karriere niemals gegeben
hätte. Aus einem Pulk von Bewerbern fällt die Wahl des
Produzenten Sol Lesser auf den sportlichen, 1,90 m großen Lex
Barker. Ganz zufriedene Gesichter gibt es schließlich, als auch
Tarzan-Autor Edgar Rice Burroughs bestätigt, dass Lex die perfekte
Verkörperung Tarzans ist.
Tarzan - König des Dschungels
Dieser zehnte Tarzan der Filmgeschichte ist ein Glücksgriff für alle Tarzan-Freunde. Mit ihm wird Tarzan zudem wirklich vornehm, denn Lex, der am 8. Mai 1919 in Rye (New York) geboren wurde, ist englisch-spanischer Herkunft und ein direkter Nachkomme von Roger Williams, dem Gründer von Providene, Rhode Island, und von Sir William Henry Crichlow, Generalgouverneur von Barbados. An der Phillips-Exeter Academy wurde er erzogen, und hier kam Lex bei Schultheateraufführungen auch erstmals mit der Schauspielerei in Berührung. Unabänderbar wurde der Wunsch geboren, Schauspieler zu werden. Über Sommertheater führte der Weg an den Broadway. In Kleinstrollen eingesetzt, blieb ihm jedoch zunächst der Durchbruch verwehrt. Ein Auftritt 1939 im Theaterstück The Five Kings in New York unter dem Regisseur Orson Welles sollte aber nicht verschwiegen werden, ansonsten kam der junge Mime allerdings kaum voran. Dann folgte der Krieg, und Lex wurde als gewöhnlicher Soldat zur US-Infanterie eingezogen. Verabschiedet wurde er 1945, nach schwerer Verwundung, hoch dekoriert als jüngster Major der US-Armee. Barker beschloss, seine Schauspielkarriere wieder aufzunehmen und gab ein Jahr später im Film Doll Face sein Leinwanddebüt.
Ab 1949 gilt es dann, wie erwähnt, die Tarzan-Rolle mit Leben
auszufüllen. Erstes Dschungelabenteuer für Lex wird Tarzan und das blaue Tal
(Tarzan's Magic Fountain, 1949). Barkers Verkörperung des
Dschungelfürsten kommt im Gegensatz zu seinem Vorgänger der
Burroughs'schen Grundkonzeption der Figur näher, die Kritiken der
Presse sind durchweg positiv. Und das Publikum akzeptiert ihn als den
neuen Tarzan. Nach zuletzt finanziellen Einbrüchen ist der Streifen
für die RKO auch wieder ein gutes Geschäft. Der Erfolg von
Barkers Tarzan-Filmen steht dem seiner Vorgänger in keiner Weise
nach. Das ändert sich auch nicht bei den nächsten
Produktionen.
Lex Barker als Tarzan
Tarzan und das Sklavenmädchen (Tarzan and the Slave Girl, 1950), und Tarzan und die Dschungelgöttin (1951, Regie: Byron Haskin, Phil Brandon) folgen und helfen, die Popularität der Serie weiterzuführen. Barkers Filme spielen in einer speziellen, phantasievollen Dschungelwelt. Angesiedelt nach der eigentlichen Kolonialära, kurz vor dem zweiten Weltkrieg, in der es auch weiße Stammesangehörige im Dschungel gibt. Tarzan und die Dschungelgöttin (Tarzan's Peril, 1951) wird der erste Tarzan-Film, der, zumindest teilweise, in Afrika gedreht wird. Doch Barker ahnt, dass er mehr und mehr auf die Dschungelhelden-Rolle festgelegt wird, ähnlich wie es Johnny Weissmuller ergangen ist, und dass er darin kaum Möglichkeiten hat, seine schauspielerischen Qualitäten zu zeigen.
Barker bekommt zwar erstmals die Gelegenheit, die Hauptrolle in einem
kleinen Western namens Battles of Chief Pontiac (1952) zu
spielen, kann mit diesem kleinen Film, trotz der realistischen
Indianerdarstellung, aber kaum Publikum finden. Sein Abschied von der
Tarzan-Reihe wird dann Tarzan bricht die Ketten (Tarzan and
the She-Devil, 1953), der nochmals die Kassen klingeln lässt, und
dies, obwohl Lesser wegen eines Streites mit Barker und dessen
Schauspielambitionen die Dialoge Tarzans beinahe um die Hälfte
kürzt. Für Lex Barker schließt sich mit diesem Streifen
das Kapitel der Tarzan-Filme und er wechselt im Jahr darauf, nachdem er
noch in dem Randolph-Scott-Film Donnernde Hufe (Thunder
Over the Plains, 1953) an der Seite des berühmten Westernstars
überzeugte, zur Universal Film.
Charakterrolle in "Klar Schiff zum Gefecht"
Hier setzt man ihn erst einmal in einer Reihe von Western ein, in
denen er ausnahmslos einen guten Eindruck macht, etwa als Goldsucher in
Gold aus Nevada (The Yellow Mountain, 1954), vor
allem aber als Detektiv in Duell mit dem Teufel (The Man
from Bitter Ridge, 1955). In dem Kriegsfilm Klar Schiff zum Gefecht (Away
All Boats, 1956) glänzt er auch in einer vielseitigen
Charakterrolle und kann sich damit viele Sympathien erspielen.
Star in Hollywood - Lex Barker
Weitere größere Filmrollen werden aber nicht an Lex Barker
herangetragen, wenn er auch in dem intelligenten Psychokrimi Das Mädchen mit den schwarzen Strümpfen (The
Girl in Black Stockings, 1957) oder der Verfilmung des
James-Fenimore-Cooper-Klassikers Lederstrumpf: Der Wildtöter (The
Deerslayer, 1957) seine schauspielerischen Fähigkeiten unter Beweis
stellen kann. Die Karriere von Lex in Hollywood ist festgefahren.
Als Robin Hood in "Rebell ohne Gnade"
Lex Barker wagt schließlich, wie manch anderer Star der
goldenen Hollywood-Jahre, den Sprung nach Europa. Ein Entschluss, der
sich als richtig erweisen sollte. Über England führt sein Weg
nach Italien, wo Lex in der Abenteuerfilmwelle bestens aufgehoben ist.
Auch in Spanien und Frankreich steht er vor der Kamera. Seine
sprachliche Vielfalt, Lex spricht perfekt Französisch, Italienisch
und Spanisch, zahlt sich hier aus, hinzu kommt, dass dem sportlichen
Akteur das Mitwirken in vielen Mantel- und Degenfilmen keinerlei
Schwierigkeiten bereitet.
Die berühmte Szene in "Das süße Leben"
Beträchtlichen Aufwind bekommt er, als ihn der italienische Regisseur Federico Fellini in Das süße Leben (La Dolce Vita, 1959) besetzt. Die Darstellung eines betrunkenen ehemaligen Tarzan-Darstellers (!) bringt ihm viel Prestige ein.
Ein weiterer Wendepunkt wird die Bekanntschaft mit dem deutschen
Produzenten Artur Brauner, der Barker zum deutschen Film bringt. Als
Jäger des berühmten Filmbösewichtes Dr. Mabuse
glänzt er als FBI-Mann Joe Como in den beiden
Schwarzweiß-Krimis Im Stahlnetz des Dr. Mabuse (1961) und
Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse (1962), ist Frauenarzt Dr. Sibelius (1962),
bevor ihn die Rolle des Westmanns Old Shatterhand
in den deutschen Karl-May-Verfilmungen in Europa zum Kultstar werden
lässt.
Lex Barker als Old Shatterhand
Noch vor den italienischen Produzenten hat es nämlich der junge Produzent Horst Wendlandt gewagt, mit einem Millionenaufwand Wildwestfilme herzustellen. Was keiner ahnte, schlägt alle bisherigen Rekorde. Jahre später stellt zudem Sergio Leone anerkennend fest, dass er sich ohne die "Western made in Germany" selbst niemals auf das Western-Territorium begeben hätte. Lex Barker indes wird über Nacht zur Sensation in Europa und avanciert zu einem von Europas größten Kassenmagneten. Während das amerikanische Publikum ihn vergisst, übertrifft Barkers Popularität in Europa die von Superstars wie John Wayne oder Clint Eastwood.
In diesen Jahren entstehen insgesamt zwölf Filme mit Lex Barker
nach Romanen von Karl May, die ihn hauptsächlich in den Wilden
Westen, aber auch als Dr. Sternau nach Mexiko und
als Kara Ben Nemsi in den Orient führen.
Gerade die beiden Erstlingswerke der Reihe, Der Schatz im Silbersee (1962)
und Winnetou 1 (1963), setzen
Maßstäbe für das Western-Genre, und werden auch in
Amerika mit Anerkennung aufgenommen werden. Dass die Filme im ehemaligen
Jugoslawien, dem heutigen Kroatien, und Spanien gedreht werden, ist kein
Nachteil, vermitteln diese Landschaften den Filmen doch ein eigenes
Flair.
Mit seinem Blutsbruder Winnetou (Pierre Brice)
in "Der Schatz im Silbersee"
Zur Freude des Publikums spielen die Indianer eine gleichberechtigte Rolle. Lex Barkers Blutsbruder, der Apachenhäuptling Winnetou, ist der Franzose Pierre Brice. Das Titelthema der Serie, die Old-Shatterhand-Melodie von Komponist Martin Böttcher avanciert zu einem riesigen Erfolg. Im Zuge der Westernwelle tritt Lex Barker in Deutschland selbst vor das Mikrofon und nimmt 1965 zwei Liebeslieder im Stile von Westernballaden auf.
Neben den Karl-May-Filmen wird Lex Barker in weiteren
europäischen Großproduktionen eingesetzt, die ihn an
Schauplätze in der ganzen Welt führen. Herausragend und
unbedingt sehenswert sind Die Verdammten der blauen Berge (1964),
worin Barker einen Detektiv bei der Aufklärung einer Mordserie in
Südafrika mimt, das Agentenabenteuer Mister Dynamit - Morgen küßt euch der Tod (
1966) mit einer Art James Bond sowie der Gruselfilm Die Schlangengrube und das Pendel (1967)
nach einem Roman von Edgar Allen Poe, gedreht an originalen
mittelalterlichen Schauplätzen und mit Dracula
Christopher Lee als Gegenspieler von Barker. Der sympathische Amerikaner
agiert auch in zwei "Western der härteren Sorte": Die Hölle von Manitoba (1965)
mit einem interessanten Duell zweier Revolvermänner, und Wer kennt Jonny R.?
(1966), der Lex Barker einmal als Bösewicht zeigt. 1967 ist der
europäische Kassenmagnet in dem amerikanischen Episodenfilm Siebenmal lockt das Weib (Woman
Times Seven) unter der Regie von Vittorio de Sica zusammen mit Shirley
MacLaine zu sehen. Das bleibt leider die einzige US-amerikanische
Produktion von Lex Barker in den 1960er Jahren.
Lex Barker in seiner spanischen Villa Mas Mañanas
Anfang der siebziger Jahre wird es still um Lex Barker. Er zieht sich in sein Haus an der Costa Brava zurück und erhält nur noch vereinzelte Angebote, denn Italowestern und Erotikfilme erobern jetzt die Gunst des Publikums. Nachdem er in Europa alles erreicht hat, zieht es Lex Barker wieder nach Amerika. Er will unbedingt ein Comeback in Hollywood starten, sagt, er würde alles dafür tun, um in Amerika leben und arbeiten zu können. Das Comeback gestaltet sich allerdings weitaus schwieriger als zunächst erwartet. Am Anfang erhält er nur einige Gastrollen in bekannten Serie wie FBI - Episode: Wer anderen einen Tunnel gräbt oder Ihr Auftritt, Al Mundy - Episode: Die Wahlkampagne. Im deutschen Fernsehen sieht man ihn in dieser Zeit zusammen mit Ron Ely, dem TV-Tarzan, in einem Tarzan-Sketch.
1973 scheint es dann endlich auch in Hollywood aufwärts zu gehen. Man bereitet eine TV-Serie mit Lex Barker in der Hauptrolle vor, zudem gibt es Pläne für neue Filme (seinen letzten Film Wenn du bei mir bist hatte Lex 1970 in Deutschland gedreht). Die Zukunft sieht wieder rosiger für Barker aus, nach all' den Enttäuschungen der vergangenen Jahre. Aber das Schicksal ist dagegen, dass Lex noch eine wirklich gute Chance bekommt. Am 11. Mai 1973 stirbt Lex Barker in der Lexington Avenue in New York an einem Herzinfarkt.
Barker war insgesamt fünfmal verheiratet, darunter mit den Schauspielkolleginnen Arlene Dahl und Lana Turner. Er hinterließ drei Kinder (zwei Söhne und eine Tochter).
Lex Barker wird in seinen insgesamt 73 Kinofilmen unvergessen
bleiben.